Und sie lachte leise, weil es Flüsse und Wälder gab.
Es war kaum zu glauben – wahr und wahrhaftig, es gab große Bäume und große Gewässer,
und alles war voller Leben, musste man da nicht lachen.
aus Ronja Räubertochter, Astird Lindgren
Zuhause in der Natur
Wir sind Teil der Natur* und des großen, komplexen Netzes des Lebens, das sich über den ganzen Erdball zieht. „Die Natur ist nicht ein Ort, den wir besuchen“, wie es Gary Snyder sagt, „sie ist unser zu Hause.“
Wenn wir gemeinsam am Abend ums knisternde Feuer sitzen, mit einem wärmenden Brombeertee, und Geschichten von einem langen Tag im Wald, von Rehen und Fröschen und Birken teilen, wenn die Drossel ihr Abendlied singt und die Nacht- die Taggeräusche ablösen und das erste Käutzchen ruft, wenn langsam die Sterne über uns zu funkeln beginnen und den ersten in Decken gerollt die Augen zu fallen, wenn die Luft frisch und klar wird und sich die Dunkelheit sanft wie eine weiche Decke über uns legt, dann kann ich es fühlen.
Die Natur ist nicht da draußen. Wir sind Teil der Natur und die Natur ist Teil von uns.
Natur rund um den Hof
Auf Hof Grafel haben wir das große Glück an einem wunderschönen, lebendigen, naturnahen Ort zu leben und Menschen für Urlaube, Camps und Seminare willkommen zu heißen.
Hier können wir die Brücke schlagen – von Annehmlichkeiten und Gewohntem in Häusern über direkten Tierkontakt mit den Hoftieren, über das Gärtnern mit den Händen in der Erde und Waldspaziergängen bis zu Pirschgängen und Nächten unter dem Sternenhimmel. Sanft weitet sich die Komfortzone und manchmal vergrößert sie sich auch – überraschend oder unbewusst – in Sprüngen.
Wir weben an einer Kultur des Miteinanders, deren Basis die Naturverbindung ist und die genährt wird von lebendiger Gemeinschaft.
Naturverbindung
Kennst du die Orte in deiner Nähe, an denen Wildtiere zu Hause sind?
Bist du schon mal lautlos und ungesehen durch den Wald gepirscht?
Möchtest du deine Wahrnehmung ausdehnen und den Wald zu deinem Wohnzimmer machen?
Hast du Lust alte und praktische Handwerkstätigkeiten zu lernen?
Weißt du, wo nützliche Pflanzen in deiner unmittelbaren Umgebung wachsen, und wie du sie verwenden kannst?
Weißt du, wie du mit Naturmaterialien ein Feuer entzünden und darauf kochen kannst?
Sitzt du gern mit anderen um diese warmen Flammen und erlebst Gemeinschaft und schläfst unterm Sternenhimmel?
Wir haben große Lust gemeinsam auf die Reise in die Natur zu gehen und Antworten zu finden.
Dekolonisation unterstützen
In der Naturverbindungsarbeit ist kulturelle Aneignung gängige Praxis und oft Grundlage von Methoden und Lehren. Wie problematisch das ist, war uns lange nicht klar. Als Lernende im wachsenden Bewusstsein dessen, was für schreckliche Folgen die Kolonisation durch Weiße bis heute hat und wie kulturelle Aneignung diese fortführt, möchten wir einen anderen Weg gehen.
Wir wünschen uns eine gerechtere Welt und möchten mit unserer Arbeit die Dekolonisation unterstützen, die sich als weltweite Bewegung gegen die Unterdrückung, Ausbeutung und Zerstörung indigener Kulturen und für deren kulturelle, psychologische und ökonomische Freiheit einsetzt.
Hintergründe
Natur-Defizit
Wir sind Teil der Natur und die Natur ist Teil von uns, doch ist es nicht leicht diese Trennung innerlich aufzulösen. Wir sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der wir uns von der natürlichen immer weiter hin zur technischen und virtuellen Welt bewegt haben. Viele von uns sind mit der Idee groß geworden, dass es die Natur und die Tiere zu kontrollieren gelte. Der Preis dafür ist hoch.
Richard Louv nennt sie die Natur-Defizit-Störung und beschreibt damit die menschlichen Kosten der Entfremdung von der Natur wie verringerte Sinneserfahrungen, Aufmerksamkeitsprobleme und ein erhöhtes Maß an körperlichen und emotionalen Erkrankungen. Immer weniger Menschen kennen und lieben die natürliche Welt. Und bei immer weniger Erwachsenen umfasst die natürliche Wahrnehmung die Veränderungen in der Natur. Schwierig wird es mit dem eigenen Nicht-Wahrnehmen von schleichenden Veränderungen immer dann, wenn uns diese Veränderungen nicht so wichtig sind, weil sie uns nicht unmittelbar betreffen. Dazu zählen beispielsweise die Veränderungen unserer Landschaften, der Wälder und Seen oder unserer Pflanzen- und Tierwelt, wie das Verschwinden von Arten, aber auch Veränderungen, die sich in unseren Kindern von Generation zu Generation langsam und schleichend vollziehen.
Wem der Erhalt unserer Natur oder das Wohl der nachwachsenden Generationen nicht am Herzen liegt, der wird auch seine Sinne nicht schärfen und nicht bemerken können, wie sich in der Natur oder in vielen Kindern ganz langsam aber stetig etwas verändert, wie dort etwas verschwindet, was eigentlich für unser aller Überleben auf diesem Planeten unentbehrlich ist. Wir brauchen Menschen, die ihren Lebensraum auf liebevolle Art betrachten, pflegen, hüten und schützen.
Gemeinsam Zukunft weben
Individuell sowie kulturell arbeiten wir daran, dieses Natur-Defizit rückgängig zu machen – gemeinsam mit vielen anderen an vielen anderen Orten, Schritt für Schritt für Schritt.
Wir sind dankbar für unsere großartigen Lehrer*innen und Mentor*innen, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit uns teil(t)en und mit deren Hilfe wir uns neu verwurzeln und zu einem Zu-Hause-Gefühl in der natürlichen Welt zurückfinden. Schritt für Schritt für Schritt. Dieses Wissen stammt zum Teil aus indigenen Kulturen und von naturnah lebenden Menschen, das wir mit Respekt und Dankbarkeit weiter tragen und das uns inspiriert unsere eigene Naturverbindung zu finden, in der Bemühung kulturelle Aneignung zu vermeiden. Wissenschaftlichen Erkenntnissen und eigene Erfahrung weben sich mit all dem zusammen.
Unser Überleben hängt davon ab, ob wir es schaffen, die Verbindung zur natürlichen Welt neu zu knüpfen und auf Grund dessen unsere Entscheidungen zu treffen – individuell sowie gesellschaftlich. Wir wollen nicht zurück in die Vergangenheit reisen, sondern gemeinsam Zukunft weben.
*Natur: Auch wenn wir den Begriff Natur nicht immer uns einschließend nutzen, umfasst Naturverbindung für uns die Verbindung zur natürlichen Welt, zu Pflanzen, Tieren, zu anderen Menschen und zu uns selbst, zu unserer eigenen Natur.*
Ein anderer Grund war der Wald. Er war vor vielen Jahren Teil meines Lebens.
Auf eine Weise, wie nichts mehr später es je war.
Und als es plötzlich ganz still um mich wurde, begriff ich, wie sehr ich ihn vermisst hatte.
Und wenn nicht auch ich sterben wollte, da und dort,
musste ich in den Wald.
So fühlte es sich an, so einfach war es. Und das ist es immer noch.
Per Petterson, Pferde stehlen