Ernährungssouveränität

Die Zeit ist reif!

Ernährungssouveränität steht für eine Demokratisierung unserer Lebensmittel- und Agrarsysteme, die die Menschen ins Zentrum stellt, nicht die Interessen der Märkte und Konzerne. Alle Menschen haben ein Recht auf gesunde Nahrung, die unter Achtung der Produzierenden und der Umwelt hergestellt wird. Wir haben ein Recht darauf, über unsere Ernährung, was sowohl die Art des Anbaus als auch die der Verteilung angeht, selbst zu bestimmen. Wir setzen uns für eine selbstbestimmte, agrarökologische und sozial gerechte Landwirtschaft sowie für gutes Essen für alle ein.

Wir fühlen uns der Bewegung für Ernährungssouveränität (siehe auch: nyeleni.de) eng verbunden und stellen im Folgenden die fünf thematischen Achsen der Ernährungssouveränität vor und verknüpfen diese mit unserem Wirken und Werkeln am Hof.

Ernährungs-

souveränität

jetzt!

 

 

Achse 1

Ein Umbruch in der Produktion und im Konsum von Nahrungsmitteln

Wir arbeiten mit vielen anderen an anpassungsfähigen Produktionssystemen für Nahrung, mit dem Wunsch, gesunde und sichere Lebensmittel für alle Menschen[…] zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig die Biodiversität und die natürlichen Ressourcen zu bewahren und das Wohlergehen der Tiere zu sichern [1].

Bei uns auf Hof Grafel bauen wir ökologisch und ressourcenschonend an und verzichten auf Kunstdünger sowie auf synthetische Pflanzenschutzmittel, um unsere Umwelt nicht zu belasten. Dazu achten wir auf ein ausgewogenes Maß an Gründüngungen und legen ein besonderes Augenmerk auf die Mulchwirtschaft. Diese Bodenbedeckung soll die Bodenlebewesen unterstützen, bei der Reduzierung des Wasserverbrauchs helfen und der Bodenerosion entgegen wirken.

In der Grafeler Küche verarbeiten wir unsere frisch geernteten, regionalen Produkte und inspirieren zu einer veganen und ressourcenschonenden Ernährung.

Achse 2

Neugestaltung der Lebensmittelverteilung

Zusammen mit vielen anderen arbeiten wir an einer Dezentralisierung der Lebensmittelversorgung, die auf Solidarität, gerechten Preisen, kurzen Versorgungsketten und einer Intensivierung der Beziehung zwischen Konsument*innen und Produzent*innen basiert. [1]

Wir verteilen unsere Lebensmittel auf unterschiedlichen Wegen. Zum einen an unsere Gästeküche, wobei wir gegenseitig unterstützend in engem Austausch über Ernte- und Verarbeitungszeitpunkte sind und zum anderen an die Hofgemeinschaft, wobei wir bestrebt sind, unsere Nahrungsmittel zu einem überwiegenden Teil selber anzubauen. Gemüse, das wir konsumieren, aber nicht selber anbauen, beziehen wir, wenn möglich, von befreundeten Höfen aus der Umgebung.

Einen Großteil der hier angebauten Lebensmittel verteilen wir über die Solawi Grafel. In unserem saisonalen Hofladen verkaufen wir zudem einen Teil des Gemüses sowie den Honig, sodass Menschen, für die eine Solawi-Mitgliedschaft unpassend ist oder die als Urlaubsgäste auf den Hof kommen, ebenfalls von vor Ort essen können.
Einen kleinen Teil unserer Produkte verkaufen wir an den Unverpacktladen in unserer Stadt.
Wir sind froh, wenn ein enger Kontakt zu den Endverbraucher*innen entsteht, unnötige foodmiles gespart werden und wir dazu beitragen können, dass eine dezentrale Versorgung mit Lebensmitteln erfolgt, die möglichst vielen Menschen zugänglich ist.

 

 

 

 

Achse 3

Wertschätzung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der sozialen Verhältnisse in Landwirtschafts- und Ernährungssystemen

Die Entlohnung in der Lebensmittelherstellung ist meist sehr gering und bedeutet für viele Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, unter prekären Bedingungen zu arbeiten und zudem stark von Umwelteinflüssen und den damit einhergehenden Unsicherheiten betroffen zu sein.
Wir sind bemüht Wege zu finden, wie die Menschen, die hier am Hof in der Gärtnerei sowie in der Landwirtschaft tätig sind, eine faire Entlohnung bekommen können. Ein Schritt in diese Richtung ist die transparente Finanzplanung mit den Solawi-Mitgliedern.

Wir setzen uns im Anbau, der Verarbeitung und mit der Regio Challenge für mehr Lebensmittel-Wertschätzung ein und sind den Menschen dankbar, die für einen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und sozialen Verhältnisse im gesamten Lebensmittelsektor eintreten und für die Rechte der (Saison-) Arbeiter*innen und Kleinbäuer*innen aufstehen. [1]

Im Gemüsebau hier am Hof ist den Gärtner*innen wichtig, dass das Team so gleichgestellt wie möglich zusammen arbeitet, so viele Entscheidungen wie möglich gemeinsam trifft und für so viele Tätigkeiten wie möglich zusammen verantwortlich ist.
Patriarchale Strukturen in der Landwirtschaft haben Tradition. Wir möchten die Herrschaftsverhältnisse zwischen den Geschlechtern überwinden und setzen uns für Geschlechtergerechtigkeit und Gendersensibilität ein. Wir achten darauf, dass bestimmte Entscheidungen und Tätigkeiten geschlechtsunabhängig ausgeführt werden und empowern uns gegenseitig, Neues zu lernen.

Achse 4

Das Recht auf unsere Gemeingüter zurückfordern

Im Bewusstsein, dass wir als Landbewirtschaftende viele Ressourcen nutzen, welche nicht uns als landwirtschaftlicher Betrieb, sondern allen gehören, bzw. niemandem, achten wir wo immer es geht darauf, dass wir diese Ressourcen schonend nutzen. Dazu zählen vor allem der Umgang mit Böden, Wasser, Luft, Tieren und Pflanzen.

Wir verstehen uns hier als Hüter*innen dieses Ortes, beleben ihn mit unterschiedlichen Menschen und bemühen uns Entscheidungen so zu treffen, dass sie der Natur, unserem Umfeld und den kommenden Generationen zugutekommen.

Wir sind dankbar für alle Gemeingüter, die erhalten oder zurück erobert werden, und für die Menschen, die diese pflegen. [1]

 

 

 

 

 

 

Achse 5

Die Politiken verändern, die unsere Landwirtschafts- und Ernährungssysteme bestimmen

Wir sind allen dankbar, die sich für eine Veränderung der politischen Regulierungen einsetzen, die unser Lebensmittelsystem bestimmen – von der lokalen bis zur globalen Ebene. Wir brauchen politische Rahmenbedingungen, die im Sinne der Ernährungssouveränität auf dem Recht auf Nahrung basieren und ein agrarökologisches Lebensmittel- und Agrarsystem stärken und schützen, das nicht auf Ausbeutung beruht. Sie müssen dazu beitragen Hunger und Armut zu überwinden, grundlegende Menschenrechte sicherzustellen und zur Klimagerechtigkeit beizutragen – vor Ort und weltweit.

Wir brauchen Bedingungen, die den Anbauenden eine stabile und faire Entlohnung gewährleisten, externe Kosten in die Lebensmittelproduktion mit einbeziehen und eine umweltfreundliche Landwirtschaft gewährleisten. Auf dass es weniger Höfesterben und mehr Bäuer*innen gibt! [1]

Sofern wir die Zeit finden, engagieren wir uns in Form von Bildungsarbeit oder kleinen Aktionen auf dem Hof oder auch in Kooperation mit anderen, wie z.B. mit der Regio Challenge, bei Nyéléni oder über Spendenprojekte.

[1] Vgl. Ernährungssouveränität in Europa jetzt!, Nyéléni Europa 2011, Krems